Bremsscheiben am Motorrad wechseln

Gute Bremsen sind im Straßenverkehr absolut lebenswichtig. Daher ist der regelmäßige Check der Bremsanlage ein absolutes Muss für jeden Motorradfahrer – und das nicht nur alle zwei Jahre bei der HU.

HOW TO: Bremsscheibe wechseln
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SO wechselst DU die Bremsflüssigkeit am SCHNELLSTEN | HOW TO

HOW TO: Kupplungs- und Bremshebel tauschen
HOW TO: Bremsbeläge wechseln am Motorrad
Drehmomentschlüssel RICHTIG benutzen

Achtung: Arbeiten an der Bremsanlage nach folgender Anleitung sollten nur von handwerklich versierten „Schraubern“ selbst durchgeführt werden. Riskiere keine Sicherheitsdefizite! Solltest du von deinen Fähigkeiten nicht überzeugt sein, überlasse die Arbeit an der Bremsanlage unbedingt deiner Werkstatt! 

Richtig gut Bremsen

„Richtig gut Bremsen“ ist im heutigen Straßenverkehrsgeschehen absolut lebenswichtig. Daher ist der regelmäßige Check der Bremsanlage ein absolutes Muss für jeden Motorradfahrer – er sollte öfter durchgeführt werden als nur alle zwei Jahre durch den „Mann vom TÜV“. Zur Wartung der Bremsanlage gehört neben dem Wechsel überalterter Bremsflüssigkeit und dem Austausch verschlissener Beläge auch die Kontrolle der Bremsscheiben. Jede Bremsscheibe besitzt eine vom Hersteller festgesetzte Minimal-Stärke, die nicht unterschritten werden darf. Diese sollte mit einer Mikrometerschraube überprüft werden, nicht mit einer Schieblehre, denn an der Bremsscheibe bildet sich durch den Materialabtrag am äußersten Rand ein kleiner Überstand, der die Messung bei Nutzung einer Schieblehre verfälschen würde.

Nicht nur eine unterschrittene Verschleißgrenze macht das Auswechseln der Bremsscheibe notwendig. Bei hohen Bremskräften erreichen Bremsscheiben Temperaturen bis zu 600° C. 

Insbesondere wegen unterschiedlich hoher Temperaturen am Außenring und Trägerstern der Bremsscheibe erfolgt eine ungleiche Wärmeausdehnung, die zum Verziehen der Scheibe führen kann. Extreme Temperaturen entstehen auch im Alltag. Passabfahrten (meist noch mit schwerem Gepäck und Sozius) treiben wegen anhaltend gezogener Bremse die Temperaturen in schwindelnde Höhe. Häufig verursachen klemmende Bremssattelkolben hohe Temperaturen und durch den ständigen Kontakt mit dem Belag werden die Scheiben extrem verschlissen. Auch hierbei können sich die Scheiben verziehen, wobei solche mit großem Durchmesser und starr aufgehängte besonders betroffen sind.

Bei modernen Motorrädern kommen die preiswerten starren Scheiben dort zum Einsatz, wo die Belastungen der Bremse relativ gering ausfallen. Heutiger Stand der Technik sind auf der Vorderachse schwimmende Scheiben, die folgende Vorteile haben:

  • Reduzierung der rotierenden Masse erhöht die Handlichkeit
  • weniger ungefederte Massen
  • bessere Anpassung der Materialien an die Anforderungen
  • spontaneres Ansprechen der Bremse
  • reduzierte Neigung der Bremsscheiben zum Verzug

Schwimmende Scheiben besitzen einen Innenring, der an der Radnabe verschraubt wird, bewegliche „Floater“ stellen die Verbindung zum Außenring her, an dem die Bremsbeläge angreifen. Überschreitet diese Verbindung 1 mm Axialspiel, klackert die Bremsscheibe und muss erneuert werden. Jegliches radiale Spiel erzeugt eine Art „Nachlauf“ beim Bremsen und wird ebenfalls durch den TÜV als Mangel bewertet.

Wenn eine Bremsscheibe wegen Verzug getauscht werden muss, sollten auch folgende mögliche Fehlerursachen geprüft werden, die das Verziehen der Scheibe zur Folge haben können, weil eventuell die Bremsscheibe nicht parallel zu den Bremskolben im Bremssattel steht:

  • Ist die Vorderradgabel korrekt eingestellt/verzugfrei montiert?
  • Stimmt die Aufstellung der Bremsanlage (Bremszange original bzw. passend zum Fahrzeug, bei der Montage optimal zur Bremsscheibe ausgerichtet)?
  • Liegen die Bremsscheiben absolut plan auf der Nabe auf (eine unebene Auflagefläche kann z. B. durch Lack- oder Loctitereste entstehen)?
  • Wird das Rad korrekt auf der Radachse und mittig in der Vordergabel geführt?
  • Stimmt der Reifendruck?
  • Ist das Radlager in Ordnung? 

Aber nicht nur, wenn die Verschleißgrenze der Bremsscheibe unterschritten ist, diese Verzug aufweist oder die Floater abgenutzt sind, muss die Bremsscheibe ausgetauscht werden. Auch eine stark verriefte Oberfläche führt zu spürbar verschlechterter Bremswirkung – hier hilft ebenfalls nur der Wechsel der Scheibe. Bei Doppelscheibenbremsen sollten immer beide Bremsscheiben getauscht werden.

Um mit der neuen Bremsscheibe eine optimale Bremswirkung zu erhalten, muss diese stets mit neuen Bremsbelägen montiert werden. Auch wenn die alten Beläge sich noch über der Verschleißgrenze befinden, können diese nicht mehr weiterverwendet werden, denn ihre Oberfläche hat sich dem Verschleißbild der alten Scheibe angepasst und würde an der neuen nicht mehr optimal anliegen – das hätte eine schlechte Bremswirkung und erhöhten Verschleiß an der neuen Scheibe zur Folge.

Kontrolliere, ob die erworbene Scheibe in deinem Verwendungsbereich für das entsprechende Fahrzeug anhand der beiliegenden ABE freigegeben ist. Verwende für den Einbau nur geeignetes Werkzeug. Zum sachgemäßen Anziehen der Schrauben von Bremsscheibe und Bremssattel sollte ein Drehmomentschlüssel zur Verfügung stehen. Entnimm Anzugsmomente und fahrzeugspezifische Angaben zur Bremsanlage deines Fahrzeugs einem Werkstatthandbuch für dein Fahrzeugmodell oder frage eine Vertragswerkstatt. 


Wechsel der Bremsscheibe – so geht‘s

Step 1: Motorrad aufbocken, Bremssättel lösen und aufhängen

Step 1: Motorrad aufbocken, Bremssättel lösen und aufhängen

01 – Bremssattel lösen

Bocke das Motorrad zunächst sicher auf, sodass das jeweilige Rad, an dem gearbeitet werden soll, entlastet ist. Dazu muss ein Montageheber verwendet werden, wenn sich kein Hauptständer am Bike befindet. Löse zunächst den Bremssattel/die Bremssättel aus ihrer Aufnahme und wechsle die Bremsbeläge gemäß dem entsprechenden Schraubertipp Bremsbeläge. Hänge die jeweilige Bremszange dann z. B. mit einem isolierten Draht so am Fahrzeug auf, dass sie beim folgenden Radausbau nicht stört – lasse sie nicht einfach am Bremsschlauch „baumeln“.


Step 2: Rad entnehmen

Step 2: Rad entnehmen

02 – Rad ausbauen

Löse die Radachse und entnimm das Rad aus der Vordergabel/der Hinterradschwinge. Wenn sich die Radachse nicht leicht lösen lässt, schaue erstmal, ob sie noch gesichert ist z. B. mit zusätzlichen Klemmschrauben. Lassen sich die Schrauben weiterhin nicht lösen, hilft dir der Schraubertipp Schrauben lösen weiter.


Step 3: Befestigungsschrauben der Bremsscheibe lösen

Step 3: Befestigungsschrauben der Bremsscheibe lösen

03 – Alte Bremsscheibe lösen

Lege das Rad auf eine geeignete Arbeitsfläche und löse die Befestigungsschrauben der Bremsscheibe über Kreuz. Benutze besonders bei festsitzenden Innensechskantschrauben gut passendes Qualitätswerkzeug und achte darauf, dass dies so tief wie möglich in den Innensechskant greift – sind die Schraubenköpfe erst einmal verdorben, sodass kein Werkzeug mehr greift, wird das Entfernen der Schraube zu einem Problem. Bei sehr fest sitzenden Schrauben hilft oftmals zuführen von Wärme eines Heißluftföhns und ein Hammerschlag auf das Werkzeug zum Lösen. Ist ein Innensechskant im Schraubenkopf rundgedreht, kann man sich ggf. helfen, indem man ein eine Nummer größeres Bit hineinschlägt und damit die Schraube löst.


Step 4: Alte Bremsscheibe abnehmen

Step 4: Alte Bremsscheibe abnehmen

04 – Alte Bremsscheibe abnehmen

Nimm die alte Bremsscheibe/die Bremsscheiben von der Nabe ab und reinige die Auflagefläche. Unebenheiten (Lackreste, Loctitereste etc.) müssen beseitigt werden. Bei dieser Gelegenheit lassen sich auch Felge und Achse leichter säubern. Falls die Achse verrostet ist, kann man den Rost z. B mit Schleifpapier entfernen.


Step 5: Neue Bremsscheibe aufsetzen und befestigen

Step 5: Neue Bremsscheibe aufsetzen und befestigen

05 – Neue Bremsscheibe anbauen

Setze nun die neue Bremsscheibe/die Bremsscheiben auf. Ziehe die Befestigungsschrauben gemäß Fahrzeugherstellerangaben mit Anzugsmoment über Kreuz fest. Stark korrodierte oder beschädigte original Befestigungsschrauben sollten gegen neue ersetzt werden.


Hinweis: Empfiehlt der Hersteller den Einsatz von Schraubensicherungen, diese sorgfältig und sparsam anwenden. Es darf auf keinen Fall Sicherungsflüssigkeit unter die Bremsscheiben-Auflagefläche laufen, da sonst die Parallelität der Scheibe verloren gehen kann, was ein „Rubbeln“ beim Bremsen zur Folge hätte. Der Einbau des Rades und der Bremssättel erfolgt in umgekehrter Reihenfolge zum Ausbau. Die Radachse vor dem Einbau leicht mit Fett bestreichen, damit diese nicht festrosten kann. Beachte vorn die Laufrichtung des Reifens und ziehe alle Schrauben mit dem vom Hersteller vorgegebenen Drehmoment fest.


Step 6: Überprüfung von Bremse und Rad

Step 6: Überprüfung von Bremse und Rad

06 – Überprüfung von Bremse und Rad

Achte vor der Betätigung des Handbremszylinders darauf, dass im Bremsflüssigkeitsbehälter genügend Platz für einen höheren Pegel vorhanden ist. Durch neue Beläge und Scheiben wird die Flüssigkeit aus dem System nach oben gedrückt und darf die „Maximum“- Markierung nicht übersteigen. Betätige den Hauptbremszylinder, um die Scheibenbremsbeläge zum Anliegen zu bringen. Überprüfe den Druckpunkt der Bremse. Überprüfe die Freigängigkeit des Rades, nachdem du die Bremse losgelassen hast. Schleift die Bremse, liegt ggf. ein Montagefehler vor oder Bremskolben klemmen im Bremssattel.

Hinweis: Die Oberfläche der Bremsbeläge darf beim Arbeiten nicht mit Fetten, Pasten, Bremsflüssigkeit oder anderen Chemikalien in Berührung kommen. Bremsscheiben müssen mit Bremsenreiniger gesäubert werden, falls Verschmutzungen dieser Art vorgekommen sein sollten. 


Achtung: Während der ersten 200 Kilometer müssen die neuen Bremsscheiben und -beläge eingefahren werden, in dieser Zeit sind, wenn es die Fahrsituation erlaubt, Gewalt- und Dauerbremsungen zu vermeiden, ebenfalls sollte man die Bremse nicht „schleifen“ lassen, was zu einem Überhitzen der Bremsbeläge führen kann und ihren Reibwert verlieren.


Das Louis Technikcenter

Solltest du eine technische Frage zu deinem Motorrad haben, wende dich gerne an unser Technik-Center. Dort hat man Erfahrung, Nachschlagewerke und Adressen ohne Ende.

Bitte beachten!

Bei den Schraubertipps handelt es sich um allgemeine Vorgehensweisen, die nicht für alle Fahrzeuge oder alle einzelnen Bauteile zutreffend sein können. Die jeweiligen Gegebenheiten bei dir vor Ort können unter Umständen erheblich abweichen, daher können wir keine Gewähr für die Richtigkeit der in den Schraubertipps gemachten Angaben übernehmen.

Wir danken für dein Verständnis.


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